Führungs-Kommunikation: Von Bringschuld, Holschuld und der Gefahr des Tunnelblicks

 

Hand auf’s Herz, liebe Führungskraft: Würden Ihre Mitarbeiter Sie als eine Person bezeichnen, die mit Tunnelblick durch den Alltag geht? Die Aufgaben-Prioritäten höher bewertet, statt sich spontan Zeit für ein Gespräch zu nehmen? Vielleicht haben Sie dies selbst schon erlebt und kennen das ungute Gefühl, mit ihrem Anliegen, in diesem Moment für diese Person, nicht wichtig zu sein? Immer wenn das –vielleicht unbewusst- geschieht, wirkt diese Botschaft an Ihre Mitarbeiter wie eine emotionale Ohrfeige. Es entstehen Gedanken* wie: „Wenn dies dem Chef nicht wichtig ist, … wenn ICH ihm nicht wichtig bin… warum soll ich mich dann anstrengen, unsere Ziel zu erreichen?“ (*aus einer von betroffenen Mitarbeitern erstellen Liste zu Demotivations-Faktoren im Alltag)

 

Wenn Sie über diese Frage nachdenken, tun Sie etwas, was im Führungsalltag nicht regelmäßig passiert: Sie reflektieren. Es würde Sie in jedem Fall persönlich und fachlich weiterbringen, wenn Sie Führungs-Reflexion zu anstehenden Themen regelmäßig in Ihrem Kalender einplanen.

 

Aus einer Sammlung von Gründen für Mitarbeiter-Demotivation im Alltag ist „Zu wenig Zeit für Gespräche und Klärung von Problemen im Tagesgeschäft“ sehr häufig genannt. Vorgesetzte, die Ihren Mitarbeitern regelmäßig signalisieren, dass sie Wichtigeres zu tun haben, verpassen eine echte Führungs-Chance. Die Gelegenheit, durch systematisch geführte Gespräche Beziehungen zu Mitarbeitern aufzubauen und zu stärken. Dies führt zu einem Miteinander in gegenseitigem Respekt und der zeitnahen Information zu wichtigen Ereignissen und Sachverhalten. Es besteht auf allen Ebenen der Organisation ein Interesse, im Tagesgeschäft gut informiert zu sein. Und die Führungskraft lebt die Kommunikations-Kultur durch ihr gutes Beispiel.

 

Drei alltagstaugliche Kommunikations-Praktiken:

 

  1. Morgenritual

Den Tag mit einer persönlichen Begrüßungsrunde starten, wenn dies, entsprechend der Mitarbeiterzahl und räumlicher Situation, möglich ist. Ein kurzer Small Talk verschafft Ihnen einen Überblick, ob alles in Ordnung ist, oder auf welche Vorkommnisse Sie achten müssen, damit mittelfristig kein größeres Problem entsteht.

 

  1. Regelkommunikation

Kurze Treffen in sinnvollen Zeitabständen, die jedoch nichts mit einer zähen Meeting-Kultur zu tun haben. Zwanglose Begegnungen an Steh-Tischen, in dem wichtige Punkte angesprochen werden und bei Bedarf Termine zur Vertiefung in kompetent besetzten Meeting-Runden vereinbart werden.

 

Leit-Fragen solcher kurzen Austausch-Runden mit limitierter Redezeit (2-5 Minuten) sind:

 

– Was ist besonders gut gelaufen und warum?

– Wo klemmt es und welche Probleme müssen gelöst werden?

– Wer sind die Experten dafür und wer kümmert sich darum?

 

Für diese Treffen ist der Freitag ein guter Tag, mit einem Rückblick auf die Woche und Vorausschau relevanter Themen und Aktionen in der Folge-Woche.

 

  1. Führungs-Feedback einholen

Wenn zwischen Führung und Mitarbeitern ein vertrauensvolles Verhältnis besteht, oder auch um ein solches Verhältnis zu entwickeln, kann die Führungskraft (mit Vorankündigung und Feedback-Regeln!) ein Führungs-Feedback in einem Team-Meeting einholen.

 

  1. Wie fühlen sich die Mitarbeiter von ihrem Vorgesetzten generell geführt?
  2. Welche Wünsche und Änderungsvorschläge gibt es?
  3. Wie wird die Führungskraft mit den Wünschen und Vorschlägen umgehen und dies auch zuverlässig und aktiv tun?

 

Dazu gehört seitens Führungskraft ein solides Selbstvertrauen, differenziert mit Kritik umgehen zu können. Junge Führungskräfte fragen oft nach dem richtigen Zeitpunkt für ein Führungs-Feedback. Wenn der Führungs-Start mit einem Coaching/ Mentoring verbunden ist, können erste Feedback-Ergebnisse bereits nach 6 Monaten in der neuen Führungsposition eingeholt werden. Und zur Nachhaltigkeit empfiehlt sich ein Follow-Up Feedback-Treffen nach 12 Monaten.

Um einen regelmäßigen Kommunikations-Fluss zu gewährleisten, sollten die Prinzipien von Bringschuld und Holschuld einmal grundlegend angesprochen werden. Wann informiert der Vorgesetzte zwingend über welche Themen? Worüber will er zuverlässig aus dem Kreise der Mitarbeiter informiert werden? Die persönlichen Gespräche sollten nach Prioritäten immer Vorrang haben vor dem Einsatz aller anderen Kommunikations-Kanäle.

 

Autorin: Marion Hahn, Coach & Management-Trainerin, Mainz. Internet: www.brainbreeze.de